Bei der abendlichen Einfahrt nach Teheran kommen wir als erstes gleich mal am bekanntesten Wahrzeichen der Stadt vorbei: Dem ehemaligen Denkmal der Könige, welches von den Mullahs nach der Revolution euphemistischer Weise in „Freiheitsturm“ umbenannt wurde.
Der Kontakt zu Shahram wurde uns spontan in einem Club in Toronto vermittelt und stellt sich als Jackpot heraus: Der fröhliche Filmregisseur gibt sein Bestes als Stadtführer. Am Beginn der gemeinsamen 3-tägigen(!) Teheran-Tour bringt uns Shahram in den Bazar, wo wir zufällig Bekanntschaft mit einem Team Deutscher Restaurateure machen, die gerade an einem Gewölbe arbeiten (oben im Bild).
Auch sonst ist am Bazar in Teheran (wie immer in diesen Gegenden) einiges los.
Man erklärt uns Herstellung und Qualitätsmerkmale von klassischen emaillierten Blechwaren.
Man erklärt uns Herstellung und Qualitätsmerkmale von Perserteppichen.
Wir lernen über Gewürzmischungen.
Wir lernen über Teemischungen.
Am Gelände eines Bazars darf natürlich auch eine Moschee als kulturelles und religiöses Zentrum nicht fehlen. Die Imam Moschee hat neben zwei Minaretten witzigerweise auch noch einen Uhrturm, der an eine alte Bahnhofsuhr erinnert.
In Teheran gibt es auch unzählige Paläste und Profanbauten aus der Zeit der Monarchie. Der wohl berühmteste ist der Golestan-Palast.
Und so sah er angeblich aus… der Schah. Wie für seinesgleichen üblich, hat der Mann mit dekorativem Bling-Bling wahrlich nicht gespart (hier im Golestan Palast)
Im Golestan Palast wurde die Ornamentalkunst mit abertausenden winzigen Spiegelchen auf den Gipfel getrieben.
Jedes der Spiegelchen ist nur wenige Zentimeter groß und genau zugeschnitten.
Mit großen Spiegeln hat man sich im 18. JH jedoch noch etwas schwerer getan, als mit kleinen. Bei Mehrfachreflexionen summieren sich die Verzerrungen zu einem ziemlichen schrägen Bild.
Alles in allem hatte der Schah damals aber wohl kaum Grund zur Klage. 😉
Auch von außen kann sich der Golestan-Palast sehen lassen.
Um die witterungsexponierten Fassadenteile in Schuss zu halten, haben Restaurateure alle Hände voll zu tun.
Da freut sich die Kathi! 🙂
Es gibt dann auch noch neuere Paläste in Teheran, die bis zur islamischen Revolution als Regierungssitz genutzt wurden und dann zu Museen erklärt wurden – hier der weiße Palast in der Saadabad-Palastanlage. Äußerlich moderne Architektur, innerlich der gleiche Pomp wie schon vor hunderten Jahren… nur liegt hier manchmal noch eine Katzenhaut auf den riesigen Teppichen, die Fensterscheiben sind aus Panzerglas und es gibt elektrische Aufzüge Made in Germany.
Kurze Iranische Türklopfer-Lehre: Tief klingender Klopfer in (nennen wir die Dinge doch beim Namen!) Penis-Form für die Herren, hell klingender Klopfer in Vagina-Form für die Damen… damit der Pförtner auf der anderen Seite des Tors gleich weiß, was ihn erwartet.
Besuch beim Bäcker.
Besuch beim Kunstschlosser – einem Freund von Shahram. Hannes wagt eine spontane Bitte: Eine Blechverstärkung der Rückwand seiner Lenkertasche wünscht er sich schon seit Ewigkeiten – jetzt ist die Zeit reif!
Es dauert nur ein paar Minuten bis der Meister der Metallbearbeitungskunst ein passendes Blech zugeschnitten hat – kein Handgriff ohne Mund-, Augen- und Gehörschutz.
Fertig ist die neue Rückwand – nie wieder wird die Lenkertasche unter dem Gewicht der Kamera und Objektive nach unten knicken! 🙂
Die moderne Tabiat Fußgängerbrücke führt über eine Autobahn und verbindet zwei Parks. Sie lädt zum Verweilen ein: Auf drei Ebenen ist nicht nur Platz für Gehwege, sondern auch für Aussichtsplattformen, Sitzbänke, Grünflächen und Cafés. Wirkliche Chill-Out-Stimmung herrscht trotzdem nicht: Es wimmelt nur so von „unauffälligen Aufpassern“ in Zivil, die sofort einschreiten, wenn sich jemand mehr Freiheiten als erlaubt nimmt. Und erlaubt ist nur wenig.
Manchmal begleitet uns ein Teil von Shahrams Verwandtschaft – dann bekommt das Sightseeing den Touch eines Familienausflugs.
Sugar-Sugar! Eine kleine Stärkung für die Süßen beim Aufstieg zu den beliebten Ausichtspunkten auf den Hügeln nördlich von Teheran.
Von den Hügeln vor Teheran lässt sich die Dimension der 9-Millionen-Metropole vage erahnen. Das „Türmchen“ rechts im Bild ist der 440 m hohe Milad Tower (der auf einem ca. 200 m hohen Hügel steht, was ihn ca. 600 m hoch über die Dächer empor ragen lässt). Im Foto liegen ca. 80% von Teheran hinter dem Turm.
Am nächsten Abend besuchen wir den Milad Tower.
Wir fahren rauf, verpassen den Sonnenuntergang zwar knapp, sehen aber Teheran in der Abenddämmerung von oben.
Letzter Programmpunkt: Einladung zum Theaterbesuch. Das ist nicht ganz einfach, wenn man nur ausgebleichte T-Shirts und löchrige Outdoor-Klamotten dabei hat. Also geben sich Asiyeh und Shahram alle Mühe, um uns einigermaßen gesellschaftstauglich zu herzurichten.
Und das Resultat kann sich sehen lassen 🙂
Vor Beginn der Vorstellung noch schnell ein (illegaler) Selfie im Auditorium des Rudaki Opernhauses.
Falls sich jetzt jemand wundert, wie man sich ohne Farsi-Kenntnisse in Teheran ein Theaterstück ansehen kann: Es war der brave Soldat Schwejk. Wir kannten die Geschichte im Wesentlichen also schon. Die Inszinierung war echt gut.
Danach noch mehr Selfies – diesmal Backstage mit der (im Iran durchaus prominenten) Besetzung. Die sprechen alle englisch, und der Trubel hinter der Bühne macht richtig Spaß.
Nach vier wirklich erinnerungswürdigen Tagen in Teheran dann der Abschied von unseren neuen Freunden mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Herzlichen Dank!
Schluss mit Luxus, Kultur und Sightseeing: Die nächste Nacht wird im Zelt auf einer Straßenbaustelle verbracht, und gekocht wird am Benzinkocher. Zur Abwechslung ist das auch wieder mal ganz gut.
Gemeinsam mit unzähligen Lastwagen rollen wir durch die Wüste Richtung Isfahan.
Die hügeligen Wüstenlandschaften sind zwar kahl, aber doch irgendwie schön und abwechslungsreich. Es wird nicht langweilig, auch wenn oft mal für ein paar Dutzend Kilometer gar nichts los ist.
Jausenpause am Straßenrand – von kühlem Schatten kann man hier nur träumen.
Unterwegs machen wir für eine Nacht Halt im stockkonservativen Ghom – zweitwichtigste Pilgerstädte im schiitischen Islam und Hauptquartier der religiösen Elite des Iran. Als wir den berühmten Schrein der Fatima Masuma (hier im Bild) besuchen wollen, werden wir zurück gewiesen: Zutritt für Nicht-Muslime gibt es nur unter Aufsicht von „Fremdenführern“, die alles ins richtige Licht rücken. Also gut – dann eben nicht…
Tags darauf dann Zwischenstopp in Kaschan – eine Wüstenstadt mit wunderschönem historischen Stadtteil in traditioneller Lehmbauweise.
Ziegel, Mörtel und Putz – in der Altstadt von Kaschan ist alles aus Lehm gemacht. Strohfasern dienen als Bewehrung im Putz.
Wir bleiben zwei Nächte und gönnen uns ein Lagerbett in einem schmucken Guesthouse.
Mit ihren verwinkelten Gassen zwischen hohen, fensterlosen Mauern ist die Altstadt für Besucher ohne Ortskenntnis ein riesiges Labyrinth. Mit GPS und Openstreetmap kommt man aber sicher ans Ziel.
Selten verirren sich Autos in die engen Gassen. Man geht hier entweder zu Fuß oder fährt mit Motor-/Fahrrädern.
Tritt man durch die straßenseitigen Tore in die dahinter liegenden Anlagen, so eröffnen sich oft ganz neue Welten. Hier die Agha Bozorg Moschee aus dem 18. JH.
Die kühlen Innenhöfe liegen immer eine Ebene unter dem Straßenniveau, sodass der erste Blick in den Hof aus einer erhobenen Perspektive erfolgt… das maximiert den Wow-Effekt! 🙂
Licht und Schatten: Obwohl wir mit vielen Aspekten von Religion nicht einverstanden sind, finden wir die Schönheit persischer Sakralbauten oft atemberaubend.
Auch die alten, kegelförmig überdachten Zisternen sind einen Blick wert.
Wo früher in den Zisternen Wasser geschöpft wurde, findet man heute oft nur trockenen Staub. Der Iran hat wegen unnachhaltiger Wasserwirtschaft allerorts mit stark sinkenden Grundwasserspiegeln zu kämpfen und steht vor riesigen Problemen bei der Wasserversorgung. Seen versalzen, Flüsse verschwinden und Brunnen versiegen.
Die mehrere Meter dicken Lehmmauern der Festung aus dem 11. JH im Zentrum von Kaschan verwittern seit Jahrhunderten vor sich hin. Das abgebröckelte Material häuft sich unter der Mauer.
Im Inneren der Festung werden heute Kräuter angebaut. Was im Hintergrund hier wie eine Art Felswand aussieht, ist die erodierte Burgmauer.
Zurück auf die Wüstenstraße.
Um nach Isfahan zu kommen, müssen wir südlich von Kaschan über eine Bergkette des Kuhrud Gebirges mit Pässen auf knapp 2000 m und Gipfeln auf ca. 4000 m.
Die Gebäude im Hintergrund sind die oberirdischen Teile der umstrittenen Iranischen Atomanlage in Natanz. Auf Schildern wird ein absolutes Fotografieverbot proklamiert. Luftabwehr-Geschütze und Raketenbatterien säumen unseren Weg. Ständig sind mehrere Wachtürme in Sichtweite. GPS-Satellitensignale werden gestört. Erinnerungen an Stuxnet werden wach, und man spürt förmlich, dass dieses Areal im Fokus von Militärs und Geheimdiensten steht. Kommenar eines Iraners: „The nuclear program is dangerous for us!“
In der Nacht entdecken drei Hunde aus der Nachbarschaft unser Zelt, als wir schon im Nest liegen. Das Rudel belagert uns stundenlang mit einschüchterndem Knurren und Kläffen. Wir sehen die Hunde nicht und bleiben sicherheitshalber im Zelt – zu blöd wäre jetzt ein Hundebiss. Am nächsten Morgen entpuppen sich die drei als ein Feigling, ein Verspielter und ein Behinderter. Mit denen wären wir wohl auch im Schlaf fertig geworden… 😉
Auf der (Zwischen-)Zielgerade. Die Berge liegen hinter uns und ein paar Stunden vor uns wartet schon Isfahan.